Hubert Overesch, Firmenkundenvorstand der Volksbank Münsterland Nord eG, schätzt im Gespräch die Aussichten der regionalen Unternehmen im aktuellen Lockdown ein und gibt Auskunft über die Rolle der Bank als Stabilisator in der Krise.
Bleibt es dabei, dass sowohl die Region als auch die Volksbank Münsterland Nord robust genug sind, um die Krise zu meistern?
Die Corona-Pandemie ist ein großer exogener Schock, der einige Unternehmen trotz Bereitstellung von Fördermitteln zur Aufgabe zwingen wird. In unserem Kundenkreis werden sich diese Effekte nach jetzigen Erkenntnissen in Grenzen halten. Unsere Region Münsterland ist stark und wird auch stark bleiben. Die Liquiditätslage unserer Kunden ist erstaunlich gut. Viele habe in den letzten Jahren ihr Eigenkapital gestärkt. Im Übrigen zeigen die boomenden Aktienmärkte, dass Investoren die Zukunft recht positiv einschätzen. Wir als Volksbank vor Ort tun jedenfalls alles, damit unsere Kunden gut durch die Krise kommen. Was uns als Volksbank Münsterland Nord angeht sehen wir uns in bester Ausgangslage, um die für die Finanzierung von Investitionen im Zuge der konjunkturellen Erholung dringend benötigte Kreditvergabe in der Coronakrise und danach zu unterstützen.
Kommt der Mittelstand besser oder schlechter durch die Krise und wie ist das zu begründen?
Wir erleben gerade eine dreigeteilte Situation. Hart betroffen sind natürlich alle Branchen, die mit Freizeit, Unterhaltung und Lebensfreude der Menschen außerhalb der eigenen vier Wände zu tun haben, wie z. B. Restaurants, Kultur, Events, Reisen und Einzelhandel. Im Gegensatz dazu boomen seit Monaten der Online-Handel und z. B. alles rund um Haus und Garten. Im Lockdown machen es sich die Leute zuhause gemütlich. Die große Mehrheit der Unternehmen – auch hier im Münsterland – kommt noch ganz gut durch diese Krise. Das Kurzarbeitergeld ist dabei für viele eine große Hilfe. Es entlastet die Kostenseite und bindet Mitarbeiter an das Unternehmen. Kritische Branchen wie die Automobilzulieferindustrie sind im Münsterland nicht so verbreitet.
Befürchten Sie Kreditausfälle? Falls "ja", in welcher Größenordnung?
Für das abgelaufene Jahr 2020 verzeichnen wir covid19-bedingt kaum Ausfälle, aber das hat sicherlich auch mit den staatlichen Unterstützungsmaßnahmen zu tun. Wir haben beispielsweise schon über 62 Millionen Euro an Corona-Förderkrediten unter Dach und Fach gebracht. Dabei reichen die vermittelten Darlehen von 10.000 Euro bis zu 3.000.000 Euro je Kunde. Mit kaufmännischer Vorsicht gehen wir für das Jahr 2021 vorsorglich von etwas erhöhten Ausfallrisiken aus und halten mehr Reserven zur Absicherung bereit als wir in einem „normalen“ Jahr tun würden.
Wie hat sich die Volksbank Münsterland Nord mit Blick auf Kunden und Mitarbeiter auf die Pandemie vorbereitet?
Wir haben uns bereits seit dem Frühjahr 2020 auf die Situation eingestellt und alle notwendigen Sicherheits- und Hygienemaßnahmen im Kundenverkehr umgesetzt. Auch unsere Arbeitsprozesse haben wir umgestellt. Homeoffice und digitale Beratungsgespräche gehören mittlerweile zum Arbeitsalltag. Ich selbst war 10 Tage in Quarantäne, da sich in meinem Umfeld eine Corona-Erkrankung ergeben hatte. Ansonsten sind wir in der Bank vom Virus weitgehend verschont geblieben. Wir können alle nur hoffen, dass sich die Lage durch Impfungen in den nächsten Wochen allmählich ein wenig entspannt.
Welche Strategie hat die Volksbank Münsterland Nord für 2021 - härterer Kurs gegenüber säumigen Kreditnehmern?
Uns ist es wichtig, gerade in dieser herausfordernden Zeit den Privat- und Firmenkunden zur Seite zu stehen. In der Kreditvergabe einschließlich der staatlichen Corona-Förderkreditprogramme ist beispielsweise die Unsicherheit und somit der Beratungsbedarf enorm hoch. In einem Kraftakt widmen sich Beraterinnen und Berater unserer Bank seit Ausbruch der Coronakrise im vergangenen Frühjahr intensiv den Fragen und Anliegen unserer Kunden, um schnell, unbürokratisch und zielgenau zu helfen. Grundsätzlich sehen wir die Risiken weiterhin als gut beherrschbar an. Als Genossenschaftsbank besitzen wir dank unseres Geschäftsmodells und guten Eigenkapitalausstattung die nötige Resilienz, um die Coronakrise zu bewältigen. Die Volksbank Münsterland Nord ist aufgrund ihrer Größe und Mitarbeiterzahl eine der führenden regionalen Genossenschaftsbanken in Deutschland. Wir übernehmen die Verantwortung, hier im Münsterland unserer Bedeutung gerecht zu werden und nachhaltig wirtschaftliche Rentabilität und Stabilität zu sichern. Wir sind sehr zuversichtlich, gemeinsam mit den Unternehmen aus der Region gestärkt aus der Pandemie hervorzugehen.
Wie helfen Sie Unternehmen/Privatleuten, deren finanzielles Fundament wackelt?
Im Fall von akuten Problemen stehen wir für unsere Kunden mit individueller Beratung und auch mit Kreditstundungen bereit. Der Bedarf unserer Kunden an Stundungen ist seit dem Sommer 2020 erfreulicherweise aber zurückgegangen und hat sich auch durch den erneuten Lockdown nicht wieder erhöht. Aktuell haben wir bei weniger als 1% unseres Gesamtkreditbestands coronabedingte Stundungen von Rückzahlungsverpflichtungen eingeräumt. Diese Zahlen sind bei weitem nicht so hoch wie beim ersten Lockdown, da der jetzige Lockdown nicht alle Wirtschaftszweige betrifft und die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen wirken.
Vielen Dank, Herr Overesch.